Bannerbild | zur Startseite Bannerbild | zur Startseite
Link zur Seite versenden   Druckansicht öffnen
 

Lothar Kreyssig - Stein

Lothar Kreyssig Stein

Der wohl berühmteste Einwohner Hohenferchesars : Lothar Kreyssig

 

Lothar Kreyssig wurde 1898 in Flöha / Sachsen geboren, und wirkte nach Schule und Ausbildung dort als Richter. Als bekennender Christ , der sich der Anpassung seiner Kirche an die Nazi-Herrschaft widersetzte, hatte er schon als Richter in Sachsen zahlreiche Auseinandersetzungen mit dem Naziregime, das Andersdenkende willkürlich in Konzentrationslagern inhaftierte und systematisch das Recht brach.

 

Am 1. Februar 1937 zog er mit seine Familie nach Hohenferchesar auf den heutigen Bruderhof, einem damals heruntergewirtschafteten Anwesen , welches dem damaligen Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht gehörte. Er wollte den Hof neben seiner Tätigkeit als Amtsrichter bewirtschaften und seine drei Söhne dort bodenständig und in Naturver-bundenheit aufwachsen zu lassen.

 

Schon bald bemerkte er bei seiner Tätigkeit am Amtsgericht in Brandenburg an der Havel, daß die ihm anvertrauten Mündel (als Amtsrichter war er Vormund von geistig Behinderten) vom Staat in Lager deportiert wurden und dort kurze Zeit später starben ( offensichtlich getötet wurden). Als Richter widersetzte er sich , verbot diese Transporte und erstattete Anzeige gegen den damals Verantwortlichen , Reichsleiter Phillip Bouhler, wegen Mordes.

 

Für diesen Mut, den er hatte , wurde er später zahlreich geehrt ( in Brandenburg /Havel gibt es u.a. eine Kreyssigstrasse , vor der Staatsanwaltschaft steht eine Gedenktafel) Dieses mutige Auftreten war für ihn und seine Familie äußerst bedrohlich , da jederzeit mit der Verhaftung gerechnet werden musste. Wohl auch , um zu verhindern , daß die massenhafte Tötung von Behinderten , Kranken und Alten zu sehr an die Öffentlichkeit gelangte, wurde Kreyssig – wie durch ein Wunder - nur in den Ruhestand versetzt. Während der Kriegszeit versteckte er dann auf dem Bruderhof noch zwei jüdische Mitbürger, deren Deportation in ein Vernichtungslager bevorstand .

Lothar Kreyssig

Der nach Kriegsende von den Sowjets in Hohenferchesar eingesetzte Bürgermeister Georg Dühn und der russische Kommandant in Pritzerbe, der aus Berlin die Akte Kreyssig erhalten hatte ,verhinderten seine Deportation und Erschießung . Lothar Kreyssig war nicht der preußische Großjunker, zu den ihn einige machen wollten. Trotzdem wurde das Anwesen , der Viehbestand und die landwirtschaftlichen Geräte – wie auch bei anderen Bauern im Ort- konfisziert und im Zuge der Bodenreform das Land enteignet. Seine Familie durfte aber auf dem Resthof mit 10 ha Land bleiben.

 

Wegen der nicht hinreichenden Rechtsstaatlichkeit der in der Sowjetischen Besatzungs-zone arbeitenden Justiz entschied sich Kreyssig gegen die Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit als Amtsrichter. Stattdessen folgte er einem Angebot des Bischofs Otto Dibelius und wurde 1945 Konsistorialpräsident der Kirchenprovinz Sachsen in Magdeburg , wo er dann bis 1964 wirkte.

 

Von dort aus initiierte und gründete er 1958 die „Aktion Sühnezeichen“ , die sich zum Ziel setzte, mit Freiwilligenarbeit bei den Völkern „Wiedergutmachung“ zu leisten, bei denen die Deutschen im 2. Weltkrieg die größten und unmenschlichsten Verwüstungen hinterlassen hatten. Daß seine Wiederaufbauarbeit in der Kirche und die „Aktion Sühnezeichen“ in der SED nicht auf Gegenliebe stiess , musste er schon früh erfahren. Eine öffentliche Berichterstattung darüber war natürlich nicht erwünscht. Die Kirche war erklärter Feind der Partei . Die Aktion Sühnezeichen-Friedensdienste bietet auch heute noch Freiwilligendienste in zahlreichen Ländern an.

 

Im Jahr 1986 starb Lothar Kreyssig in einem Pflegeheim .

 

Zwei seiner Söhne lebten noch eine Zeit lang auf dem Bruderhof, an dessen Zuwegung seit 2008 ein Gedenkstein steht.

Die Erben veräußerten im Jahr 2012 den Bruderhof .

 

Für seinen Kampf um Recht und Gerechtigkeit wurden ihm , auch international , zahlreiche Ehrungen zuteil. Unter anderem ist ein Friedenspreis nach ihm benannt.

 

Quelle : die empfehlenswerte Biographie von Konrad Weiß über Lothar Kreyssig, in unserer Bibliothek ausleihbar !